Im Herbst 1997 hing über Berlin-Mitte der Pleitegeier. Eine unüberschaubare Fülle von Leerstand und rechtlichen Unwägsamkeiten ermöglichten nach der Wende eine Blüte von subkulturellen Einrichtungen und ebenso kapitalarmen Kleinstunternehmen. Berlin besass europaweit Anziehungskraft als die Stadt der unbeschränkten (künstlerischen) Möglichkeiten. 1997 liefen viele dieser Mietverträge aus, bzw. waren bereits ausgelaufen. Mittlerweile war die Stadt auch administrativ handhabbar, regierbar geworden, und sie hat an übersichtlichkeit gewonnen, was, wie wir ja alle wissen, Geiern zugute kommt. Der Wandel erfasste nicht nur bekannte Einrichtungen, auch eine Vielzahl Werkstätten, Geschäften, Ateliers oder Wohngemeinschaften haben den Umzug nach Friedrichshain oder nirgendwo erwogen..
Es hingen Geier an Fassaden von solch gefährdeten Orten in Mitte, Kindern des Interregnums. Die Vögel sind etwa 60 cm hoch, bei entsprechender Flügelspannweite. In aufwendiger Technik wurden die Skulpturen wetterfest gemacht, deren Oberflächen metallbeschichtet. Es ging bei der Aktion darum, eine Veränderung in der Stadt, im Stadtbild noch während des Veränderungsprozesses sichtbar zu machen, und nicht erst dann, wenn eh alles schon gelaufen ist.
Die Geier-Aktion fiel zeitlich mit dem hektischen Tschika-Exodus zusammen und wurde nicht zu Ende gebracht. An folgenden Häusern hingen Geier: Comicbibliotek in der Tucholskystr., Schönhauser 20, am Tschika-Tschibulski-Haus und noch irgendwo im Westen.
Die Geier wurden gestaltet von:
Uli Traunspurger